Der Border Collie: Nicht einfach nur Sitz – Platz – Hier!

Genie oder Wahnsinn – so könnte man in Kürze den Border Collie (BC) charakterisieren.

Als Hütehund ist der Border Collie neben anderen Rassen wie z.B. der Australian Shepherd einer der intelligen-testen Hunde. Ursprünglich für das Hüten von Schafen in England gezüchtet, avancierte er in den letzten zehn Jahren immer mehr zum Mode- und Vorzeigehund. Hübsch ist er ja mit seiner typischen weißen Schwanzspitze und der weißen Halskrause. Auch der braun-weiße Border weist diese äußerlichen Merkmale auf, daneben gibt es noch weitere Farben wie den Tricolor, den Blue-merle u.a.

Wer einmal einen BC bei seiner prädestinierten Arbeit an Schafen gesehen hat, der versteht, was er auf jeden Fall benötigt: Aufgaben und Herausforderungen!
Der Border Collie leidet eher an burnout als an boreout. Simple Grundkommandos, wie Sitz, Platz und Hier, die jeder Hund beherrschen sollte, gehören zu seinem Selbstverständnis. Seine leichte Trainierbarkeit ist sein Markenzeichen, aber leider wird auch Fehlverhalten zügig aufgenommen und verinnerlicht. Fluch oder Segen!

Selbstständiges Denken, höchste Aufmerksamkeit, rasante Schnelligkeit bestimmen sein Wesen als Genie. Er kann nicht anders und benötigt diese Fähigkeiten, um die Schafe durch eigenes Handeln in die gewünschte Bewegung und Richtung zu bringen. Seine Aufgaben löst der BC schnell, gar hastig oder hektisch, wendig, aber genau! Seine Unermüdlichkeit und Ausdauer weisen ihn als perfekten Hütehund aus. Gerade deshalb ist es zwingend notwendig, ihm Ruhephasen zu verordnen, denn der Border arbeitet unermüdlich und treu weiter, wenn man ihn fordert  bis zur kompletten Erschöpfung = burnout. Darin steckt bereits der Wahnsinn! Während er im Hütemodus ist, verändert sich gerne seine Augenfarbe und die Blickintensität. Schließlich bewegt er die Schafe mit seinem stechenden, fixierenden Blick. Nur im äußersten Notfall wendet er das sogenannte Heeling an, wobei die Schafe durch Kneifen/Zwicken in die Hinterbeine in Bewegung gesetzt werden. Niemals beißt er, da die Wolle der Schafe nicht verletzt werden darf!

Genetisch für das Hüten bestimmt, lebt ein Hüteborder auf ländlichem Gebiet. Um auf großen Schafweiden die Kommandos des Schäfers wahrzunehmen, ist sein Hör- und Reaktionsvermögen äußerst sensibel. Das führt oft zu Problemen wie Ängstlichkeit und Schreckhaftigkeit bei einem städtischen Leben. Aufgrund seiner eigentlichen Bestimmung stehen beim BC Gelassenheit und Geselligkeit an letzter Stelle.

Der Nicht-Hüte-BC benötigt intelligente Alternativen, um nicht die klassischen Anzeichen von Über- oder Unter-forderung zu zeigen und in den Wahnsinn abzurutschen. Hierzu zählen Stereotypien und/oder Zwangshandlungen wie beispielsweise Schattenjagen, stundenlanges Anstarren von Gegenständen, das Leben als Balljunkie uvm.
Um einen Border Collie ohne Hütetiere tiergerecht auszulasten, bedarf es nicht nur der typischen Hobbys wie  Agility, DogDance, Mantrailing, Obedience und einige weitere. Nein, es bedarf vor allem Zeit und Sachverstand, um diesem tollen Hund ein ausgefülltes Leben zu ermöglichen.

Fazit:
Ein absolut begeisternder wie auch begeisterungsfähiger und aufmerksamer, eher auf eine Person bezogener Hund, der unbedingt viel Zeit durch intelligente Beschäftigung und konsequente Erziehung benötigt.
Eben ein Hüte-, aber niemals ein Familienhund!

Dr. Brigitte Volk
September 2016