Das Problem streunender Katzen ist in Deutschland nicht so offensichtlich wie in manchen anderen Ländern, aber es ist auch bei uns gegeben: Schätzungen zufolge leben etwa 2 Millionen Katzen auf der Straße. Ihre Lebensumstände sind traurig.
Umgangssprachlich spricht man auch von „herrenlosen Katzen“. Lt. amtlicher Bundesdrucksache 18/6620 vom 09.11.15 und 07.04.17 sind diese Katzen aber nicht „herrenlos“, da sie oder einer ihrer Vorgänger in der Vergangenheit einen Besitzer hatten, von dem man nicht automatisch annehmen kann, es habe sein Eigentumsrecht aufgegeben. Somit gelten diese Tiere, auch wenn sie inzwischen verwildert sind, als Haustiere und werden als Fundtiere eingestuft. Somit ist das Fundrecht auf diese Tiere anzuwenden und die Zuständigkeit liegt bei der Fundbehörde der Gemeinde bzw. der Stadt, die diese kommunale Aufgabe meist an einen Tierschutzverein mit Tierheim überträgt.
Streunende Katzen findet man, wenn sie einem nicht zulaufen, z. B. auf Industriebrachen, Friedhöfen und verlassenen Grundstücken. Nun meinen viele Menschen, Katzen kämen in der Wildnis gut zurecht, weshalb auch die Hemmschwelle, Katzen auszusetzen, eher gering ausgeprägt ist.
Dies ist ein Irrtum: Im Gegensatz zur scheuen, nachtaktiven Wildkatze (felis silvestris silvestris), sind verwilderte, streunende Hauskatzen (teils catus) domestizierte Haustiere, die es nicht gewohnt sind, sich selbst zu versorgen.
Die Tiere leiden unter Hunger und unter Krankheiten wie Katzenschnupfen, Corona-Virus, Giardien, Fuchsräudemilben, Spulwürmern und Hautpilz. Ohne Impfung und veterinärmedizinische Versorgung kommen auch oft Erkrankungen wie die Katzenseuche, FeLV, FIP oder FIV dazu. Die Tiere sterben dann ohne medizinische Versorgung einen qualvollen Tod.
Die gefährlichsten Katzenkrankheiten in diesem Zusammenhang sind:
KATZENSEUCHE (Panleukopenie): Erreger der hochansteckenden, fast immer tödlich verlaufenden Krankheit ist das Parvovirus. Es gibt einen wirksamen Impfstoff.
KATZENLEUKOSE (Felines Leukämievirus, FeLV): Diese unheilbare Krankheit wird über Körperflüssigkeiten übertragen, z. B. durch Gebrauch desselben Napfes oder desselben Katzenklos. Das Virus ist allerdings nicht resistent gegen Desinfektionsmittel und es gibt eine Impfung.
FELINE INFEKTIÖSE PERITONITIS (FIP): Dabei handelt es sich um eine Bauchfellentzündung, die fast immer tödlich verläuft. Erreger ist ein Virus aus der Gruppe der Corona-Viren, dass bei Stress mutieren kann und die lebensbedrohliche Krankheit hervorruft. Es gibt eine Impfung, deren Wirkung umstritten ist.
FELINES IMMUNSCHWÄCHEVIRUS (FIV) Diese unheilbare Infektionskrankheit ähnelt dem menschlichen HIV-Virus, da sie eine Schwäche des Immunsystems bewirkt. Sie kann lange Zeit im Körper der Katze latent vorhanden sein und bei Stress und Belastungen ausbrechen. Wohnungskatzen können durchaus trotz FIV ein normales Lebensalter erreichen.
Auch durch Jäger, Gift oder Verkehrsunfälle drohen Gefahren die dazu führen, dass die Lebenserwartung streunender Katzen nur bei 3-4 Jahren liegt, während Wohnungskatzen 15-18 Jahre und älter werden können.
Trotz ihrer geringen Lebenserwartung schaffen es die meistens unkastrierten, streunenden Katzen, sich rasant zu vermehren (siehe Schaubild).
Wenn Katzen zweimal jährlich 2-6 Kitten bekommen, kommt man, selbst, wenn nicht alle überleben, in 10 Jahren auf über 1 Million Tiere. Dieser Entwicklung gilt es entgegen zu wirken.
Was kann ich persönlich tun, um die Situation streunender Katzen zu verbessern?
Lassen Sie Ihren eigenen Liebling kastrieren und chippen, damit er oder sie kein Streuner*in werden muss und bei Ausflügen nicht zur Katzenüberbevölkerung beiträgt.
Überzeugen Sie sich bei vermeintlichen Streunern, dass die Katzen keinen Besitzer haben z. B., indem Sie beim Fundbüro, dem örtlichen Tierheim oder bei Registrierungsstellen wie TASSO und Findefix anfragen und nach einer Tätowierung im Ohr schauen. Tierschutzvereine und Katzenhilfen können auch einen eventuell vorhandenen Chip auslesen. Alternativ können Sie sich auch an das Notfalltelefon des Nestwerk Münsterland unter 0176/21388851 wenden. Einen entsprechenden Hinweis zum Umgang mit Fundtieren finden Sie unter:
Um die erste Not zu lindern, kann man der streunenden Katze Futter und Wasser nach draußen stellen. Im Winter kann man dem Wasser etwas Zucker zufügen, um das Gefrieren zu verhindern. Bitte aber kein Salz zufügen! Das kann die Nieren der Tiere nachhaltig schädigen.
Wenn man eine Katze außerhalb des eigenen Grundstücks versorgt, muss man nicht befürchten, dass man dann als Eigentümer angesehen wird und somit für die medizinische Versorgung zuständig ist. Als Kälteschutz kann man der Katze einen warmen Ort einrichten, z. B. mit Styroporplatten oder Stroh. Als Rückzugsort bieten sich Fahrradschuppen, Garage oder Gartenhäuser an.
Viele örtliche Tierschutzvereine bzw. Katzenhilfen unterhalten auch selbst Futterstellen für streunende Katzen und haben daher auch Erfahrungen im Umgang mit diesen Tieren. Ferner können diese, wenn die Kapazitäten da sind, beim Einfangen und der Versorgung der Tiere helfen. Außerdem kann man auf Nachfrage auch oft bei der Versorgung von Futterstellen unterstützend tätig werden.
Um eine Katzenpopulation nachhaltig zu stabilisieren, hilft schließlich nur die konsequente Kastration aller Tiere, die am besten mit einer Katzenschutzverordnung umgesetzt werden kann und die die Kastration, Kennzeichnung und Registrierung der Katzen in der betroffenen Region regelt. Je nach Region gibt es auch u. U. auch Hilfe in Form von Kostenübernahme oder Zuschüssen zu Kastrationen.
Zuständig für die Einrichtung einer solchen Katzenschutzverordnung sind grundsätzlich die Städte bzw. die Kommunen. Diese werden vor allem dann tätig, wenn die Katzen die öffentliche Ordnung und Sicherheit stören. Meistens arbeiten die Kommunen in solchen Fällen mit dem örtlichen Tierheim zusammen. Die Notwendigkeit einer solchen Verordnung ist jedoch nicht jeder Stadt oder Kommune klar. Hier sind die regional tätigen Tierschutzvereine und Katzenhilfen gefragt, die Notwendigkeit einer solchen Verordnung der Stadt bzw. der Kommune deutlich zu machen. Dies geschieht in der Regel durch Benennung von Fallzahlen der zu versorgenden Tiere. Danach ist dann die Politik gefragt, für die Umsetzung zu sorgen.
In vielen Gebieten des Münsterlandes (gesamter Kreis Coesfeld, mehrere Kommunen in Warendorf) gibt es inzwischen eine Kastrations-und Kennzeichnungspflicht für freilaufende Katzen, sowohl für Streuner (die ihren Ursprung ja in ausgesetzten Hauskatzen haben), als auch für Freigänger, die ein Zuhause haben.
Das Nestwerk Münsterland e.V. ist bei dieser Thematik Partner des Netzwerks Katzenschutz, welches eine flächendeckende Kastrations-und Kennzeichnungsverordnung im Kreis Steinfurt erwirken möchte. Hier sind mehrere Tierschutzvereine und Katzenhilfen aus der Region beteiligt, um so auf die Notwendigkeit dieser Maßnahme aufmerksam zu machen. Den Flyer des Netzwerkes haben wir hier beigefügt:
Es wäre natürlich wünschenswert, wenn eine solche Verordnung im gesamten Münsterland und darüber hinaus in Kraft treten würde. Das wird vermutlich noch einige Zeit dauern, wird uns aber nicht daran hindern, weiter daran zu arbeiten.
Quellen:
Intervet (MSD)
DTB e.V.
Arbeitsgruppe VKN e.V.
Katzenschutzbund OS e.V.
TSV Nestwerk Münsterland e.V.
Netzwerk Katzenschutz