Schulungsbericht: Erste Hilfe für Igel (02.11.2025)

Zusammengefasst von: Klaudia Maleska

Ob in Medien, Postern in Tierarztpraxen oder im Internet: Informationen zum Thema Igelschutz gibt es reichlich. Und doch: Wenn man selbst unerwartet in die Situation gerät, die Hilfsbedürftigkeit eines gefundenen Stacheltierchens einzuschätzen und angemessen zu handeln, ist die Unsicherheit groß. Wie war das noch mit Gewicht, Außentemperatur, Tagaktivität? Nimmt man das Tier jetzt mit – und dann? Knapp 120 Anmeldungen zu unserer Schulung „Erste Hilfe für Igel“ mit Referentin Jenny Heinze vom Wildtierasyl Warendorf zeigen den Bedarf an prägnanter Wissensvermittlung mit Expertise und vor allem den direkten Austausch mit der Fachfrau. Jenny Heinze wurde den Erwartungen mehr als gerecht.

Bevor es darum ging, Igel in Not zu erkennen, lernten wir die Tierart durch einige interessante biologische Fakten und damit den Igel in unserem Garten besser kennen. Seit 2024 steht der hier beheimatete Braunbrustigel auf der Roten Liste. Insektensterben und Lebensraumverknappung sind zwei der Gründe. Igel leben nicht im Wald, sondern sie sind als Garten- und Parkbewohner auf Menschen angewiesen, die ihre Gärten naturnah gestalten und den Mähroboter allenfalls tagsüber einsetzen. Sie brauchen Laubhaufen, Totholzecken und bequeme Durchschlupfmöglichkeiten an Einzäunungen. „Mittlerweile“, so Jenny Heinze, „ergibt ganzjähriges Zufüttern aufgrund des knappen Nahrungsangebotes Sinn.“ Sie zeigte Beispiele von leicht selbst zu bauenden Schlaf- und Futterhäusern und erklärte die unterschiedliche Funktion und den jeweiligen Reinigungsaufwand.

Als Futter empfahl sie Soldatenfliegenlarven sowie Katzenfutter ohne Getreide, Zucker, Sauce und Gelee. Es sollte mindestens 10 Prozent Proteine enthalten.

Wie erkennt man aber nun einen hilfsbedürftigen Igel?

Hier stellte Jenny Heinze zunächst die Säuglinge und ihre Erkennungsmerkmale (rosafarbene Haut, helle Stacheln, geschlossene Augen) vor. Während diese Notfälle selbst für einen Laien unfehlbar zu identifizieren sind, wird es bei älteren Säuglingen schon schwieriger. Die jungen Igel gehen ab der dritten Woche mit etwa 120 g auf erste Ausflüge. Da muss man mit Gespür abwägen, um nicht entweder völlig unnötig einen normalen Prozess zu stören oder aber umgekehrt eine Hilfsbedürftigkeit zu verkennen. Da hilft nur gutes Beobachten, ob die Mutter und Geschwister in der Nähe sind oder sich per Waage zu vergewissern. Was in diesem Alter unter 100 g wiegt, wird gesichert. „Es ist wirklich nicht einfach, wen man bedenkt, dass noch im September Würfe zur Welt kommen“, gab die Expertin zu bedenken. „Mit sechs Wochen und einem Gewicht von 250 bis 300 g sind die Jungen selbstständig. Nur weil ein junger Igel klein ist, ist er nicht unbedingt untergewichtig.“ So helfen frühere Allgemeinregeln wie „was am 1.November keine 500 g hat, muss gerettet werden“ wenig. Besser man orientiert sich am Wetter. „Liegen die Temperaturen nachts dauerhaft unter 8 °C, sollten Jungtiere mindestens 500 g (idealerweise 600 g) und erwachsene Igel 1000 g haben“, nannte Jenny Heinze eine brauchbare Faustregel.

Weitere Indizien für Hilfsbedürftigkeit bei Igeln allgemein: Wackeliger Gang, eingefallene Augen, Einbuchtungen an den Flanken und Hungerfalte im Nacken statt properer kugelrunder Form, Verletzungen, Durchfall, Tagaktivität oder einfach ungeschützt irgendwo liegen. Fliegeneierbefall (gelbliche Masse) muss sofort entfernt werden. Die Larven gelangen durch die Körperöffnungen ins Innere und fressen den Igel auf.

Unsere Referentin stellte umfassend Maßnahmen vor zur Unterbringung, zum Wärmen vor der ersten vorsichtigen Futtergabe, zur medizinischen Betreuung (u.a. Kotprobenuntersuchung), zur Überwinterung (Außengehege im Gegensatz zum Hochpäppeln innen) und zum Auswildern. Aber auch plötzlich auftauchende Probleme nach einem guten Päppelstart wurden thematisiert. Ihr Tipp: Nach der ersten Aufnahme direkt professionelle Pflegestelle suchen. Falls alle überfüllt sind, zumindest Kontakt halten und sich anleiten lassen. Vielleicht kann man das intensiv zu betreuende Tier der Pflegestelle geben und dafür einen unkomplizierteren Fall übernehmen. Ein Pflegeprotokoll sei auf jeden Fall ratsam. 

Nach dem interessanten und sehr informativen Schulungsbeitrag nahm sich unsere Referentin noch Zeit zur Beantwortung er Teilnehmerfragen. Wir danken Jenny Heinze sehr für diese umfangreiche Wissensvermittlung.


Linksammlung:

Pro Igel

Facebook: Igelfreunde und die, die es werden wollen

Nabu: Bauanleitung für ein Igelhaus

Selbstverständlich könnt ihr euch bei einem Igelfund auch bei unserem Nestwerk-Notfallteam per Whatsapp unter 0176 21388851 melden.