Kälbchen Kalle

Vor kurzem haben wir von der Geschichte vom Kälbchen Kalle erfahren und haben uns sofort gedacht, dass dies ein Bericht über eine Erfahrung ist, den wir gerne teilen möchten. Unser Dank geht an unser Mitglied Dr. Susanne Krass und ihre Tochter Janna. Wir wünschen Kalle weiterhin ein tolles Leben und möchten uns für diesen tollen Einsatz bedanken.


KALLE

DAS KÄLBCHEN DAS LEBEN DARF

Im Sommer 2018 war ich mit meiner Familie im Urlaub im Allgäu. Wir waren auf einem Ferienhof mit Milchkühen.

In der ersten Urlaubswoche bekamen wir morgens die Nachricht, dass ein Kälbchen geboren sei. Wir haben uns erstmal gefreut und uns das kleine Wesen angeschaut und mit ihm gekuschelt. Es war so traurig, dass das Kleine direkt von seiner Mutter getrennt wurde, da diese ja als Milchkuh ihre Milch für die Menschen gibt.

Meine erste Frage war dann allerdings, ob es männlich oder weiblich sei und es war ein kleiner Bulle. Ab dem Moment war mir klar, dass dieses kleine, noch ganz klebrige mit Stroh bedeckte Kälbchen sterben würde. Es würde bald schon mit hunderten anderen kleinen Kälbern auf Spalten stehen und nach ein paar Monaten eines schrecklichen Lebens geschlachtet werden. Ich habe zu meiner Mutter gesagt: „ Wir müssen ihn unbedingt retten.“ 

Nur wie?

Ist es nicht utopisch, einfach ein Kalb zu kaufen und vor allem, wo könnten wir es unterbringen?

Im Laufe unseres Urlaubs im Allgäu haben wir immer wieder über das Thema gesprochen und diskutiert. Wir haben auch mit dem Bauern und seinem Sohn, welcher verantwortlich für die Kälber ist, gesprochen. Zunächst fanden die beiden es eher lustig, dass wir den Bullen retten wollten, aber mit der Zeit haben sie gemerkt, wie ernst es uns war. Der Jungbauer rechnete einen Preis aus, wenn wir das Kälbchen bei Ihnen stehen lassen wollten, was ja die einfachste Möglichkeit gewesen wäre. Allerdings war der Senior dagegen, weil er meinte, dass ein junger Bulle sich nicht in die Kuhherde einfügen würde. Außerdem sollte es richtig viel Geld pro Monat kosten.

Erstmal verlor ich dadurch die Hoffnung, doch dann fragten meine Schwester und ich bei unseren Freunden herum, ob uns nicht jemand monatlich unterstützen wolle. Einige fanden die Idee gut ein Zeichen zu setzen und ein Kälbchen zu retten und boten an zu spenden.

Fast täglich durften wir dem Kleinen (wir nannten ihn Kalle) seine Milch geben und mit ihm kuscheln. Doch dann  kam der Tag, an dem wir fuhren und ich musste mich von Kalle verabschieden. Ich wusste nicht ob es für immer sein würde.

Nach dem Urlaub hatten wir weiterhin Kontakt zu dem Bauern, allerdings ergab sich nicht so richtig eine Unterbringungsmöglichkeit und die Zeit wurde knapp, denn bald würde Kalle ein bestimmtes Alter erreichen, in dem er dann in die Mast gegeben würde.

Meine Hoffnung Kalle zu retten wurde immer kleiner.

Auch auf einigen Gnadenhöfen fragten wir nach, aber die nehmen nur kranke und ausgestoßene Tiere.

Dann kam meine Mutter eines Tages nach Hause und sagte: „ Wir haben tolle Menschen und ein Zuhause gefunden, wo Kalle leben darf!“ Bekannte meiner Mutter besitzen einen Kälber- Aufzuchtbetrieb, wo Kalle groß werden und mit den Kühen leben darf.

Es war perfekt. Kalle wurde wenig später, nachdem alle Tierarzt- Checks durchgeführt waren von einem Spediteur aus dem Allgäu geholt. Wir haben ihn dann in seinem neuen Zuhause empfangen. Er war wesentlich größer geworden, seit wir ihn das letzte Mal gesehen hatten, aber wir haben ihn sofort erkannt, unseren Kalle.

Er hat sich direkt super wohl gefühlt zwischen den anderen Kälbchen. Zunächst hatte er noch sein eigenes kleines Iglu (Quarantäne), er durfte aber jeden Tag auch frei laufen. Nach kurzer Zeit kam er mit drei anderen Kälbern in eine größere Box.

Kalle ist jetzt schon so alt, dass er keine Milch mehr trinkt und auch schon kastriert wurde. Ihm geht es wirklich gut, er ist sehr gesund und fühlt sich unter den ganzen Mädels pudelwohl. Wir besuchen ihn regelmäßig und können dann auch mit ihm spazieren gehen oder uns zu ihm setzten und einfach kuscheln. Kalle ist sehr zutraulich, das liegt daran, dass sich die Bäuerin und der Bauer so liebevoll um ihn kümmern.

Er ist jetzt 8 Monate alt, normalerweise würde er jetzt bereits, nach einem qualvollen kurzen Leben auf Spalten, in die Schlachtung gehen.

Stattdessen beginnt in diesen Tagen der Weideaustrieb, dann wird Kalle in einer großen Kuhherde den Sommer auf den Wiesen verbringen und langfristig ein wundervolles Leben unter seinesgleichen genießen können.

Ich bin wirklich froh, dass es Kalle so gut geht. Außerdem bin ich stolz darauf, dass wir es geschafft haben ihn zu retten und damit ein Zeichen zu setzen. Ich weiß, dass ich oder meine Familie nicht alleine alle männlichen Kälber vor dem sicheren Tod retten können, aber jeder kleine Schritt den ich machen kann bewirkt etwas und das ist das was zählt.

Janna Krass (18 Jahre)