Rennmäuse vergesellschaften – auch Kleintiere können manchmal schwierig sein

Da Rennmäuse (auch Gerbils genannt) sehr soziale Tiere sind, die auch in „freier Wildbahn“ in größeren Gruppen leben, sollten diese niemals alleine gehalten werden. Was ist also zu tun wenn ein Tier einen Partner verliert oder sich bereits vergesellschaftete Tiere nicht mehr verstehen? – Wie wähle ich einen passenden Artgenossen aus bzw. wie bringe ich die Tiere (wieder) zusammen? Hier haben wir einmal ein paar Tipps und Hinweise zusammengefasst, die die Ergebnisse eigener Erfahrungen und Erfahrungen „Dritter“ vereinen.

1. Warum und woran ist das Tier verstorben?

Zuerst stellt sich natürlich die Frage warum das Tier verstorben ist. Lag eine Erkrankung zugrunde, oder waren es wirklich „Altersgründe“? Sofern ein Tier an einer Erkrankung verstorben ist, sollte zur Sicherheit noch einmal vorsorglich tierärztlich festgestellt werden, dass es sich nicht um eine ansteckende Erkrankung handelt und ggf. noch andere Tiere erkranken könnten. Außerdem sollte auch ein ca. 14 tägige Quarantäne eingehalten werden, um jedes Risiko einer möglichen Erkrankung auszuschließen.

2. Woher bekomme ich einen passenden Partner?

Tierheime und Auffangstationen haben oftmals auch Rennmäuse in ihrer Obhut und freuen sich natürlich darüber, Tiere in gute Hände abgeben zu können. Ferner bekommt man dort oftmals gute Tipps zur Vergesellschaftung und die Tiere können, falls die Vergesellschaftung fehlschlägt, idR. auch wieder zurückgegeben werden. Diese Möglichkeit ist bei den anderen möglichen Bezugsquellen – sprich Zooläden oder privaten Abgaben (z. B. über Ebay Kleinanzeigen) meist ausgeschlossen. Mal davon abgesehen unterstützt man über diese Quellen u. U. natürlich auch den Tierhandel mit teilweise unkontrollierter Vermehrung.

3. Welche Geschlechter sollte ich vergesellschaften?

Ein gemischtgeschlechtliches Paar zu halten ist sicher die natürlichste Variante. Allerdings ist das nur dann sinnvoll wenn der Bock kastriert ist, um ungewollten Nachwuchs zu vermeiden. Das Kastrieren von Böcken ist allerdings eine komplizierte Operation. Von daher ist diese Variante eher ein Risiko für das Böckchen. Darüber hinaus ist nicht gesagt, dass die Vergesellschaftung gelingt, da nicht immer sicher ist, dass das Weibchen den kastrierten Bock auch akzeptiert. Auf jeden Fall sollte der Tierarzt Erfahren in dieser Art von Operationen sein. Gleichgeschlechtliche Tiere lassen sich relativ gut vergesellschaften, wobei Böckchen sich in der Regel etwas besser vergesellschaften lassen als eine Weibchengruppe. Relativ einfach ist dabei die Vergesellschaftung von Jungtieren zwischen 7 bis 10 Wochen. Diese haben noch kaum Rudelgeruch und ordnen sich älteren Tieren schnell unter. Zwei erwachsene Tiere aneinander zu gewöhnen ist auch möglich, aber etwas aufwendiger. Man benötigt grundsätzlich mehr Ruhe und Zeit.

4. Wahl eines passenden Geheges

Rennmäuse sind sehr revierbezogene Tiere und verteidigen ihr Gehege gegen jeden Eindringling gleicher Art. Innerhalb einer Gruppe gibt es immer eine feste Rangordnung, mit einem ranghohen Tier (sogenannte Alpha Tiere) und Tieren, die sich jeweils unterordnen. Wird eine fremde Rennmaus in das Revier einer bestehenden Gruppe gesetzt, wird sie von den dort lebenden Rennern also nicht einfach angenommen. Sie riecht nicht wie die anderen und gehört nicht dazu. Deshalb wird sie in der Regel bekämpft. Selbst wenn die Renner sich fremden Artgenossen gegenüber aufgeschlossen zeigen, muss das neue Tier sich unterordnen und sich einen Rang innerhalb des Rudels erst erkämpfen.

5. Wie beginne ich eine Vergesellschaftung?

Eine Vergesellschaftung ist im Grunde nur dann sinnvoll, wenn man einem verbliebenen Einzeltier einen neuen Partner geben will. Bei größeren Gruppen sollte man auf eine Vergesellschaftung verzichten bis nur noch eine Maus vorhanden ist, da das Risiko von Verletzungen und größeren Rangkämpfen zu hoch ist. Man sollte ein neues Tier aber nicht einfach so in das vorhandene Gehege setzen, da dies das häufig zu schweren Rangkämpfen und schlimmstenfalls sogar zum Tod eines Tieres führen kann. Eine Vergesellschaftung ist also notwendig.

Folgende Varianten der Vergesellschaftung haben sich bewährt:

Trenngittermethode

Die Trenngittermethode wird oft angewandt, um die Tiere langsam aneinander zu gewöhnen. Ebenso wird sie auch bei Tieren die schon vergesellschaftet waren und ich gestritten haben oder wegen Krankheit getrennt waren eingesetzt, um sie langsam wieder aneinander zu gewöhnen. Auch bei Tieren, die sehr unruhig und angriffslustig sind, hat sich das Trenngitter bewährt.
Trennen Sie das Gehege der Tiere in der Mitte mit 2 Gittern – die Renner sollen sich sehen und riechen, aber nicht erreichen können. Eine Bauanleitung findet man auf www.diebrain.de. Man wechselt die Gehege der Tiere dann täglich, damit diese den Geruch des anderen aufnehmen können. Wenn sich die Renner durch das Gitter angreifen wollen, das Fell stark sträuben und aggressiv wirken, lassen Sie die Tiere in keinem Fall zusammen. Es kann einige Wochen dauern, bis die Tiere sich beruhigen – meist reicht aber eine Woche Seitentausch und Trennung aus. Sind die Tiere auch nach mehreren Wochen am Gitter noch immer aggressiv, sollten Sie auf weitere Vergesellschaftungsversuche verzichten. Verhalten sich die Rennmäuse dagegen neugierig, beschnüffeln sie sich gegenseitig oder versuchen sogar sich gegenseitig zu putzen, können Sie auf jeden Fall den nächsten Schritt wagen.

Neutraler Boden

Nach der Trenngittermethode ist es sinnvoll, diese auf neutralem Boden zusammen zu setzen, bevor sie in ihr eigentliches Gehege ziehen.
Bereiten Sie dafür z. B. die Badewanne, einen abgetrennten Auslauf oder  einen großen Karton vor. In der Regel reicht ein Aufenthalt auf neutralem Boden für einen Zeitraum von ca. einer Stunde, um sich ein Bild über die Vergesellschaftungssituation machen zu können. Sollte nach dieser Zeit noch keine Klärung der Rangordnung erfolgt sein, sollten Sie noch ein Häuschen auf den „neutralen Boden“ stellen, in das die Rennmäuse flüchten können. Dieses sollte auf jeden Fall zwei Eingänge aufweisen, damit die im Streit unterlegene Maus leichter flüchten kann. Ein zusätzliches Sandbad kann auch noch dazu gestellt werden. Dieses dient vor allem dem Stressabbau. Sie sollten das Geschehen auf dem neutralen Boden auf jeden Fall im Auge behalten und bei Beißereien sofort eingreifen. Vertragen sich die Rennmäuse im Auslauf, kann der nächste Schritt der Vergesellschaftung in Angriff genommen werden. Die beteiligten Mäuse kommen für kurze Zeit in die Panikbox oder dürfen gleich zusammen ins Gehege.

Die Panikbox

Die Panikboxmethode kann u. U. auch ein Teil der länger dauernden Vergesellschaftung nach der Trenngittermethode und dem oben bereits erwähnten „neutralen Boden“ sein.
Sind die Tiere bereits im Vorfeld aggressiv und gehen aufeinander los, dann verzichten Sie bitte auf einen Vergesellschaftungsversuch in der Panikbox. Es ist dann noch zu früh. Sind die Tiere dagegen friedlich und finden sich bereits zusammen, ist es dagegen an der Zeit: Um ganz sicher zu gehen, dass die Rennmäuse sich vertragen, werden sie vor dem Einsetzen in ihr eigentliches Heim für einige Stunden in die Panikbox verfrachtet. Bereiten Sie eine kleine Transportbox vor. Achten Sie bei der Auswahl der Box natürlich auch auf ausreichende Luftzufuhr und ein Guckloch, durch das Sie das Treiben in der Box beobachten können. Streuen Sie die Box neu ein (oder noch besser: Verwenden Sie gebrauchte Streu von beiden Tieren) und verteilen Sie ca. einen Esslöffel Futter darin. Um den Tieren Flüssigkeit zu zuführen, legen Sie dünne Gurkenscheiben in die Panikbox.
Setzen Sie die Rennmäuse dann möglichst gleichzeitig in die Transportbox und schließen Sie den Deckel. Die Tiere werden sich im Normalfall beschnuppern und evtl. auch aufsteigen, d. h. sie werden sich gegenseitig mit den Vorderpfoten anstupsen und Fieptöne von sich geben, sie werden sich auch ein wenig im Kreis jagen. Dieses ist aber völlig normal, da die Tiere sich erstmal „riechen lernen“ müssen und auf neutralem Boden ja nur kurz Gelegenheit zum Kennenlernen hatten.

Vertragen sich die Tiere nach dem Reinsetzen, kabbeln sie sich nur ein wenig oder legen sie sich sogar zusammen schlafen, können sie endlich zusammen in ihr Gehege ziehen. Der Zeitraum den die Tiere in der Panikbox verbringen sollten, sollte zumindest einige Stunden betragen.

Zusammen im Gehege

Nach der Vergesellschaftung der Tiere mit Trenngitter, auf neutralem Boden und der Panikbox sollten sich die Tiere nun auch gut vertragen und viel zusammen liegen. Im Gegenzug sollten sie sich auf keinen Fall mehr beißen. Kleine Kabbeleien sind aber normal. Nun sollten die Tiere endgültig in ein neues Zuhause umziehen.
Das neue Gehege wird vorab gründlich mit Essigwasser gereinigt. In das Becken kommen erstmal nur: Einstreu (auch die alte Einstreu aus der Panikbox und der Badewanne!), Heu (zum mischen mit der Einstreu), Klorollen und ein Sandbad.
Ein Streutausch sollte erstmal nicht vorgenommen werden. Wenn möglich, bieten Sie frisch vergesellschafteten Tieren erst einmal nur eine Hälfte eines 100 x 40 cm Beckens an. Nutzen sie das Trenngitter zur Abtrennung. Erweitern Sie das Gehege dann schrittweise jeden Tag um ca. 10 cm bis die Tiere über das ganze Gehege verfügen können. Vertragen sich die Tiere im neuen Gehege, geben Sie erstmal ein neues Haus und dann Schritt für Schritt immer nur ein neues Spielzeug und beobachten Sie gut, ob sich die Tiere weiterhin vertragen. Gibt es mal wieder Ärger, reduzieren sie den Platz wieder. Schlimmstenfalls, also wenn es wieder zu starken Streitereien oder gar Bisswunden kommt, muss leider wieder ganz von vorne – also mit der Trenngittermethode – angefangen werden. Dies ist jedoch nur selten notwendig.

Trennen von ineinander verbissenen Tieren

Solange die Tiere während den Vergesellschaftungsversuchen, nicht länger als 5 Sekunden als Knäuel kugeln und/oder sich beißen, sollten Sie nicht einschreiten, danach jedoch sofort.
Versuchen Sie bitte nicht mit der bloßen Hand dazwischen zu greifen wenn die Tiere sich verbissen haben. In der Aufregung beißen die Tiere zu, auch in Ihre Hand. Bitte benutzen Sie auch keine Handschuhe, da Ihnen das Gefühl verloren geht und Sie die Tiere beim auseinanderziehen ggf. schwer verletzen oder fallen lassen können. Versuchen Sie statt dessen, mit einer dicken Pappe, die Sie vorher zurechtlegen zwischen die streitenden Tiere zu kommen und sie so zu trennen.

Abschließende Worte

Abschließend ist zu sagen, dass sich grundsätzlich nicht alle Tiere miteinander vergesellschaften lassen, da sie einfach nicht zusammen passen und das sollte man auch akzeptieren. Bitte sehen Sie daher auch davon ab, Tiere mit Duftstoffen (Parfüm, ätherische Öle, etc.) zu behandeln, um den Eigengeruch zu neutralisieren. Diese Produkte enthalten schädliche Stoffe, die für die Tiere tödlich sein können. Außerdem kommt der Eigengeruch nach einer Weile wieder durch, so dass das Problem der Vergesellschaftung dann einfach zeitversetzt erfolgt und keinen Gewinn für die Vergesellschaftung darstellt.